Auf die Einstellung kommt es an

Gottfried, der früher Lehrer in Basel war, 71 Jahre alt, groß, schlank und schon etwas gebückt, wohnt mit seiner thailändischen Lebensgefährtin in einem kleinen Dorf im Isan, im Nordosten Thailands.

Fast jeden Tag besuche ich vor dem Abendessen das Lokal Farang in unserem Dorf. Es wird von einem deutschen Wirt betrieben, er bietet Bratwürste und Schnitzel an, hauptsächlich verkauft er jedoch Bier. Er nennt seine Kneipe "Farang", weil dort fast nur wir Farangs verkehren. "Farangs" nennen uns die Thais und meinen damit Ausländer mit weißer Hautfarbe. Es ist ein neutraler Begriff, kein Schimpfwort. Ein oder zwei Bierchen trinke ich hier und treffe Pit, Marc und die anderen Expats, die in unserem Dorf wohnen. "Expat" nennen wir uns oft selbst. Das ist eine Abkürzung für einen "Expatriate", also einen, der in der Fremde lebt, aber seiner Heimat verbunden bleibt. Zugegeben, es geht fast immer um die gleichen Themen - Frauen, Visa und Geld. Gerne wird auch über die Abwesenden hergezogen. Aber ich brauche den sozialen Kontakt zu anderen Ausländern und habe gelernt, mich anzupassen. Die meisten Europäer, die hier leben, haben keine akademische Ausbildung, aber viele sind praktisch begabt. Und wenn man einen handwerklichen Rat oder Hilfe braucht, sind sie zur Stelle. Ich gebe mit meinem Wissen nicht an, trotzdem wissen alle, dass ich viel weiß. Und manchmal will jemand eine Information, vor allem, wenn er Besuch aus Europa bekommt. Dann lassen sie sich erzählen, welche touristischen Sehenswürdigkeiten es in der Umgebung gibt, wann Busse fahren oder was es mit den Khmer-Ruinen auf sich hat. Manche der Farangs schimpfen über alles oder jeden, aber die meisten sind mit ihrem Leben in Thailand zufrieden. Wenn sie ihr Leben vergleichen mit dem ihrer ehemaligen Kollegen in der Heimat, die mit ihrer kleinen Rente vor sich hinvegetieren, werden sie sich bewusst, wie königlich sie hier leben.

Richtige Probleme haben eigentlich nur die, die viel Geld besitzen. Die werden von den Thai-Frauen gnadenlos ausgenommen. Wie Jeff. Sein Vater ist Millionär, er stellte ihm im Nachbardorf nicht nur eine tolle Villa mit luxuriöser Ausstattung hin, sondern überweist ihm monatlich eine ansehnliche Rente. Der Vater ist froh, dass Jeff so weit weg ist, denn in England machte er Probleme, und der Millionär musste etliche Male seinen ganzen Einfluss geltend machen, um seinen Sohn vor dem Gefängnis zu bewahren. Viele beneiden Jeff, aber er kann sich hier seines Geldes wirklich nicht erfreuen. Immer wieder hat er neue Freundinnen - und alle haben nur im Sinn, seinen Reichtum gerecht unter ihrer Familie zu verteilen.

Wer ein gut gehendes Business betreibt, kann ebenfalls Ärger bekommen. Denn Neid und Missgunst sind unter den Thais weit verbreitet. Jeden Montag findet ein großer Markt in unserem Dorf statt. Den besuchen alle Expats aus der näheren und weiteren Umgebung. Während ihre Thai-Frauen einkaufen, …

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