Der Farang auf dem Dorf / Sprache

Diese Leseprobe entführt Sie in die faszinierende Welt der thailändischen Sprache. Entdecken Sie die Besonderheiten von Grammatik und Aussprache und lernen Sie, wie kulturelle Unterschiede die Kommunikation beeinflussen. Amüsante Anekdoten und überraschende Einblicke erwarten Sie!

... Thai ist eine Sprache, die nach meiner Erfahrung sehr leicht zu lernen ist. Schwieriger ist es allerdings mit der Schrift, bei der es dem normal begabten Europäer sehr schwer fällt, die 44 Konsonanten und 32 Vokale auseinander zu halten. Aber in der Regel will man ja keine Thai-Zeitungen lesen, die es auf dem Dorf sowieso nicht gibt.

Die gesprochene Alltagssprache ist einfach. Sie kennt keine Grammatik in unserem Sinne. Da gibt es weder Singular, Plural, Nominativ, Genitiv noch Zeitformen von Verben. Im Grunde genommen reicht es völlig aus, die Worte, wie sie im Wörterbuch stehen, in ihrer Grundform aneinander zu reihen; natürlich in der richtigen Reihenfolge. So wird in der Thai-Sprache das Adjektiv hinter das Substantiv gestellt, zum Beispiel wird „volle Flasche“ in Thai zu „Flasche voll“. Bei zusammengesetzten Substantiven steht das Kernwort am Anfang. Zum Beispiel wird „Segelschiff“ in Thai zu „Schiff-Segel“. Mit ein paar hundert Worten des Grundwortschatzes kann man sich schon ganz ordentlich unterhalten. Ein Problem für den Farang ist allerdings, dass es in der Thai-Sprache fünf Tonstufen gibt und dass das gleiche Wort je nach Betonung sehr unterschiedliche Bedeutung haben kann. Thailänder sprechen Vokale nicht aus, sie singen sie eher. Konsonanten sind für sie schwierig, so dass sie, wenn sie englische Wörter aussprechen, immer einen Vokal zwischen zwei Konsonanten legen. „Lipstick“ klingt etwa wie „Libsadig“ und „Problem“ wie „Pompem“. Auch ist das „R“ in Thailand weitgehend unbekannt, so dass der Straßenhändler in Pattaya den Touristen fragt „you want a Lolex (Rolex)?“

Der Farang wird aber von den Thais meist vom Zusammenhang her richtig verstanden werden, auch wenn er ein Wort nicht richtig betont. Thai muss also nicht nur mit dem Wörterbuch, sondern auch mit dem Ohr gelernt werden. Wenn man unter Thais lebt und den ganzen Tag über nur Thai hört, kommt die richtige Betonung von selbst. Vorsicht ist jedoch bei kurzen Fragen, die man an einen Einheimischen richtet, geboten. Da sind Missverständnisse vorprogrammiert. Wenn man jemand auf Thai um Feuer für seine Zigarette bittet, kann es vorkommen, dass der Angesprochene einen erstaunt ansieht, weil er verstanden hat, man wolle angesteckt und verbrannt werden. Als ich dem netten Mädchen in der Hotelrezeption einmal sagte, ich wolle morgen früh um 6 Uhr geweckt werden, weil ich schwimmen gehen wollte, hatte sie verstanden, ich wolle morgen früh um 6 von ihr gebadet werden und sie überlegte nun krampfhaft, ob sie beleidigt ablehnen oder fragen sollte, wie viel ich zahlen würde.

Es gibt in Thailand einige Phrasen, die man als Ausländer immer wieder hört. Viele dieser Phrasen enthalten das Wort chai = Herz.

Chai jen bedeutet wörtlich „kühles Herz“ und wird von Thais oft gebraucht um zu sagen, dass man Geduld haben und sich nicht aufregen soll, wenn etwas nicht so läuft wie der Farang es erwartet.

Chai die bedeutet wörtlich „gutes Herz“. Es wird von Thais nicht nur gebraucht, um sich für etwas zu bedanken, sondern oft auch in der Erwartung, dass der so wegen seines guten Herzens gerühmte Farang dies dann auch durch Taten beweist. Die jedem einigermaßen freigiebigen Ausländer gegenüber ausgesprochene Bemerkung, er sei chai die, er habe also ein gutes Herz, ist aber mit Thai-Maßstäben zu bewerten. Mit dem Adjektiv „gut“ wird alles das bezeichnet, was nützlich und gewinnbringend ist. Ein Farang ist nach Thai-Begriffen immer ein reicher westlicher Ausländer, der immer dann ein gutes Herz hat, wenn er etwas gibt - möglichst Bargeld. Je mehr er gibt, desto mehr ist er chai die, egal ob er ein Totschläger, Räuber oder Päderast ist.

Chai rorn bedeutet wörtlich „heißes Herz“ und drückt aus, dass jemand schnell die Ruhe verliert und zornig wird.

Greng chai ist ein wichtiges Wort in Thailand und wörtlich kaum zu übersetzen. Am nächsten kommt dem etwa der „Respekt“, den jeder im Status niedriger Stehende dem Höherstehenden zu erweisen hat.

Mai pen rai könnte man als das nationale Losungswort bezeichnen. Es heißt wörtlich „macht nichts“ und kann dem Farang manches erklären, was ihm unverständlich erscheint. Egal was passiert, wenn man doch nichts mehr daran ändern kann, dann ist es eben mai pen rai. Wer in Thailand überleben will, der muss sich daran gewöhnen, diese Phrase jeden Tag ein paarmal zu hören und sie selbst nicht nur zu sprechen, sondern auch den Sinn zu akzeptieren.

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