Leseproben

aus dem Erzählband
Glücklich in Thailand

von Ursula Spraul-Doring, erschienen im HELLER VERLAG

Vorwort

Wir freuen uns, mit Ursula Spraul-Doring eine herausragende Autorin gewonnen zu haben, die vielen Asien-Reisenden schon als Reiseführerautorin bekannt ist. Ihre Erzählungen basieren auf wahren Gegebenheiten. Aus den verschiedensten Lebensgeschichten von in Thailand lebenden Menschen hat sie Episoden herausgepickt und literarisch verarbeitet. Alle Namen, Orte und Begleitumstände wurden aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes verändert. Nur in zwei der Geschichten blieben auf besonderen Wunsch der Personen die tatsächlichen Namen erhalten: Ein erfülltes Leben und Ladyboy Supi. Fachausdrücke, Fremdwörter, umgangssprachliche und thaispezifische Ausdrücke werden im Glossar am Ende des Buches erläutert. Ursula Spraul-Doring ist nicht nur eine sehr einfühlsame Autorin, sondern auch eine begnadete Künstlerin. Einige ihrer Werke finden Sie unter www.daoart.tumblr.com
Klaus Heller



Ein erfülltes Leben (Auszüge)

Sabine aus Braunschweig gab ihre Karriere als Marketingdirektorin auf, um im Dschungel Südthailands eine Heimschule zu leiten.

„Kapong“ – das Wort gefällt mir irgendwie. Ein Ortsname. Irgendwo in Thailand. Keiner meiner Freunde, nicht einmal Uwe, ein Landeskenner, hat jemals davon gehört. Auch im Weltatlas ist der Ort nicht zu finden. „Wer schaut denn noch in einen Atlas“, muss ich mich auslachen lassen. „Internet, Google Earth, ist heute angesagt.“ – Ja, natürlich, weiß ich auch. Und dort werde ich fündig. Im Süden Thailands, nur zwei Fingerbreit vom Meer entfernt. In der Höhe von Khuk Khak, aber ohne direkte Straßenverbindung zur Küste. „Kapong“, ich lasse das Wort auf der Zunge zergehen. Passt irgendwie zu mir: kaputt – kapiert – Kapong. In Kapong werde ich ein anderes Leben beginnen. Ich war eine Karrierefrau, arbeitete 25 Jahre lang als Marketingchefin für große Lebensmittelkonzerne. Ein aufreibender Job, aber er hat mir Spaß gemacht. Ich kam viel in der Welt umher, betreute Kunden in England, der Türkei, Russland und Schweden. Auch in den USA war ich häufig eingesetzt. Ich engagierte mich für meine jeweilige Firma, gab mein Bestes, war erfolgreich.
Dennoch fragte ich mich immer häufiger, welchen Sinn diese Arbeit meinem Leben gebe. Wurde auch nur ein Mensch glücklicher, wenn ich eine neue Schokoladensorte entwickelte oder wenn er meinen neuesten Werbespot sah, der ihn gekonnt verführte, noch mehr Süßigkeiten zu verzehren? Ja, ich verdiente gut, und Geld ist immer ein Anreiz. Natürlich gefiel es mir, eine schöne Wohnung zu haben, shoppen zu gehen, mit diesem Geld die Mode der Saison zu kaufen, immer schick auszusehen, ein tolles Auto zu fahren. Aber sollte das alles sein? Könnte ich meine Fähigkeiten und Erfahrungen nicht einsetzen, um Menschen zu helfen, die nicht das Glück hatten, wie ich in der Geborgenheit einer intakten Familie aufzuwachsen, in einer Umgebung, die ihre Begabungen förderte? …

… Doch an den meisten Abenden ist es wie heute. Ich bin zwar ziemlich kaputt, aber auch recht zufrieden. Schon am Morgen, als ich aus meinem Zimmer kam, wurde ich mit einem freudigen „Good morning, Khun Sabine, how are you?“ begrüßt. Während des Mittagessens schenkte mir Tiger ein selbstgemaltes Bild, und heute Abend verkündeten mir die Jungen voller Stolz, wie viele Tore sie beim Fußballspiel geschossen hätten.
Wir hatten zwei lange Meetings über komplizierte Themen, wie den Englischunterricht und den Wochenplan für 120 Schüler, ihre Lehrer und Betreuer. Auch haben wir den Stundenplan für das Nachmittagsangebot zusammengestellt. Ich habe mich sehr gefreut über die Wertschätzung, die mir die Mitarbeiter entgegenbrachten, und vor allem darüber, dass sie das Vertrauen hatten, Ideen einzubringen, ihre eigene Meinung zu sagen und sogar Kritik zu äußern. Das wäre vor zwei Jahren noch nicht möglich gewesen.
Mittlerweile lebe ich schon länger als drei Jahre in Kapong. Hier fühle ich mich zuhause. In meinem Zimmer unterm Dach, mitten in der Schule, habe ich es mir gemütlich eingerichtet. An die Hitze, die ständig anwesenden Ameisen und Geckos habe ich mich längst gewöhnt. Ich lasse immer die Fenster offen, fühle mich in der Natur und das Gezirpe der Grillen wiegt mich jede Nacht in den Schlaf.
Hier bin ich durch Höhen und Tiefen gegangen. Das Positive jedoch, das, was ich gelernt und erreicht habe, ist einfach überwältigend. Und wenn ich das fröhliche Lachen der Kinder höre und in ihre strahlenden Augen sehe, dann weiß ich: Ich habe es richtig gemacht, hier gehöre ich hin, in Yaowawit habe ich alles, was ich brauche, hier kann ich ein erfülltes Leben führen.
Anmerkung: Die Fakten für diese Geschichte wurden in Yaowawit gesammelt und literarisch ausgeschmückt. Wenn sich ein Leser angesprochen fühlt, als Freiwilliger vor Ort zu arbeiten, die Patenschaft für ein Kind zu übernehmen, etwas zu spenden oder seinen Urlaub in dem Trainingshotel zu verbringen, kann er sich informieren unter www.yaowawit.com.



Arzt mit Leib und Seele (Auszüge)

Dr. Issara, ein untersetzter, drahtig wirkender, älterer Thai mit elastischem Gang, praktiziert im Süden Thailands.

"Wer rastet, der rostet." Ist das nicht ein deutsches Sprichwort? In Thai haben wir etwas Entsprechendes, es heißt wörtlich übersetzt: "Wenn du nichts tust, wirst du faul und ungenießbar."
Ich liebe Sprichwörter, ich habe eine Sammlung in allen Sprachen. Alle treffen irgendwie die Wahrheit. Manche sagen auch etwas über ein bestimmtes Volk aus, aber die meisten kann man auf die ganze Menschheit übertragen. Fast jeden Tag lerne ich ein Sprichwort auswendig, das hält das Gedächtnis auf Trab. Dieses Jahr wurde ich 75 Jahre alt. Da ist es wichtig, dass man sich fit hält, denn ich praktiziere noch immer.
Ich habe vier Kinder. Die Älteste ist eine Tochter. Wasana war immer sehr klug. Ich wollte, dass sie in der Chulalongkorn Universität in Bangkok Medizin studiert, so wie ich. Dort werden nur die Besten genommen, und sie war sehr gut in der Schule. Aber sie hatte ihren eigenen Willen. Und Doktor werden wie ihr Vater, das wollte sie überhaupt nicht. Für sie ist es wichtig, neben dem Beruf auch ein Privatleben zu haben. Da war ich kein gutes Beispiel.
Ein einschneidendes Erlebnis für sie war ein Picknick in unserem großen Garten, etwa eine Stunde Autofahrt von hier. Es war ihr zehnter Geburtstag. Die ganze Familie saß auf Matten im Schatten eines Durian-Baumes und fing gerade an, die köstlichen Gerichte auszupacken, die meine Frau vorbereitet hatte. Ich hatte nicht so häufig Zeit, mit der Familie zu picknicken. Aber meine Tochter hatte sich das zu ihrem Geburtstag gewünscht. Es gab Hähnchenschlegel und Klebereis, scharfen Papayasalat und gebratenen Fisch, Garnelensuppe und Tintenfischsalat. Für den Nachtisch hatten die Kinder Obst geerntet. Es war eine fröhliche Stimmung, und meine Tochter war richtig glücklich. Da kam eine Frau angerannt. "Herr Doktor, Herr Doktor, kommen Sie schnell, mein Mann ist umgefallen und röchelt nur noch!"
Selbstverständlich ließ ich alles liegen und stehen und folgte der Frau. Ich hörte, wie Wasana wütend hinter mir herheulte.
An diesem Tag erkannte sie, dass ein Arzt nie ein Privatleben hat, dass er immer und überall seinen Patienten zur Verfügung steht, selbst am Geburtstag der Tochter. In vielen Gesprächen habe ich ihr klar zu machen versucht, dass es nicht nur Pflicht ist, für die Patienten da zu sein, sondern auch Freude. Doch sie dachte immer …

… Jeden Tag kamen Patienten mit Schlangenbissen. Wenn sie schnell genug bei mir waren, konnte ich sie meistens retten. Ich wusste zwar nicht genau, welche Schlange gebissen hatte. Aber es gibt nur drei Varianten, wie Schlangengift wirkt: entweder durch Neurotoxine - also Nervengift - oder durch Hämatoxine - also Blutgift - oder beides gleichzeitig.
Das Nervengift, das die Kobra oder Königskobra injiziert, wirkt hauptsächlich auf das zentrale Nervensystem. Es lähmt einen Teil des Gehirnes, welcher für verschiedene Lebensfunktionen notwendig ist. Die Lunge erhält nicht mehr den Befehl zu arbeiten, und der Patient erstickt. Außer ein Serum zu spritzen, mussten wir deshalb auch etliche Male künstlich beatmen. Ob die Kobra oder die Königskobra gefährlicher ist, kann ich nicht sagen. Die Kobra ist viel kleiner, aber ihr Gift ist zehnmal konzentrierter. Die Königskobra ist riesig, sie kann bis fünf Meter lang werden, sich aufrichten und einen Menschen in den Hals beißen.
Die meisten Patienten wurden von Vipern gebissen, die das Blutsystem vergiften. Bisse der malaysischen Mokassin-Viper, einer unscheinbaren, grau-braun-schwarz gefärbten Schlange, kamen am häufigsten vor. Ihr Gift wirkt zwar langsam, kann aber ohne Behandlung tödlich sein. Die Bauern, die ihre gebissenen Kollegen brachten, wussten schon, dass der Patient möglichst nicht bewegt werden durfte, um seinen Kreislauf nicht unnötig anzuregen. Sie hatten gelernt, dass man sofort einen Ring abstreifen oder einen Schuh ausziehen musste, je nachdem, wo sich der Biss befand. Denn die Bissstellen schwollen schnell an und schmerzten sehr stark. Doch durften die Bauern dem Opfer auf keinen Fall Aspirin geben, auch wenn es noch so sehr nach Schmerzmitteln schrie, denn dadurch würde das Blut verdünnt und das Gift sich noch schneller im Körper verteilen. Sie flößten ihm deshalb Paracetamol ein, aber meistens waren die Schmerzen so stark, dass es nicht allzu viel nutzte. Der Patient blutete aus Mund, Nase, Harnröhre, erbrach Blut und starb ohne Behandlung an seinen inneren Blutungen. …

… Das war eine harte Zeit, damals in Phatthalung. Wenig Verdienst und viel Arbeit, oft zwanzig Stunden ohne Pause! Wir waren nur fünf Ärzte und ständig im Einsatz. Aber ich habe dort viel gelernt und unzähligen Menschen das Leben gerettet. Das hat mich mit großer Zufriedenheit erfüllt. Ja, damals war ich richtig glücklich! Mein Hobby war das Zaubern. Ich habe schon in meiner Studienzeit damit angefangen, aber später, als ich in der Phang Nga Provinz lebte, wurde ich ein richtiger Profi. Das Zaubern hat mir großen Spaß gemacht. Ich übte viel, zuhause oder im Krankenhaus während des Bereitschaftsdienstes. Bei meinen Auftritten …



Auf die Einstellung kommt es an (Auszug)

Gottfried, der früher Lehrer in Basel war, 71 Jahre alt, groß, schlank und schon etwas gebückt, wohnt mit seiner thailändischen Lebensgefährtin in einem kleinen Dorf im Isan, im Nordosten Thailands.

Fast jeden Tag besuche ich vor dem Abendessen das Lokal Farang in unserem Dorf. Es wird von einem deutschen Wirt betrieben, er bietet Bratwürste und Schnitzel an, hauptsächlich verkauft er jedoch Bier. Er nennt seine Kneipe "Farang", weil dort fast nur wir Farangs verkehren. "Farangs" nennen uns die Thais und meinen damit Ausländer mit weißer Hautfarbe. Es ist ein neutraler Begriff, kein Schimpfwort. Ein oder zwei Bierchen trinke ich hier und treffe Pit, Marc und die anderen Expats, die in unserem Dorf wohnen. "Expat" nennen wir uns oft selbst. Das ist eine Abkürzung für einen "Expatriate", also einen, der in der Fremde lebt, aber seiner Heimat verbunden bleibt.
Zugegeben, es geht fast immer um die gleichen Themen - Frauen, Visa und Geld. Gerne wird auch über die Abwesenden hergezogen. Aber ich brauche den sozialen Kontakt zu anderen Ausländern und habe gelernt, mich anzupassen. Die meisten Europäer, die hier leben, haben keine akademische Ausbildung, aber viele sind praktisch begabt. Und wenn man einen handwerklichen Rat oder Hilfe braucht, sind sie zur Stelle. Ich gebe mit meinem Wissen nicht an, trotzdem wissen alle, dass ich viel weiß. Und manchmal will jemand eine Information, vor allem, wenn er Besuch aus Europa bekommt. Dann lassen sie sich erzählen, welche touristischen Sehenswürdigkeiten es in der Umgebung gibt, wann Busse fahren oder was es mit den Khmer-Ruinen auf sich hat.
Manche der Farangs schimpfen über alles oder jeden, aber die meisten sind mit ihrem Leben in Thailand zufrieden. Wenn sie ihr Leben vergleichen mit dem ihrer ehemaligen Kollegen in der Heimat, die mit ihrer kleinen Rente vor sich hinvegetieren, werden sie sich bewusst, wie königlich sie hier leben.

Richtige Probleme haben eigentlich nur die, die viel Geld besitzen. Die werden von den Thai-Frauen gnadenlos ausgenommen. Wie Jeff.
Sein Vater ist Millionär, er stellte ihm im Nachbardorf nicht nur eine tolle Villa mit luxuriöser Ausstattung hin, sondern überweist ihm monatlich eine ansehnliche Rente. Der Vater ist froh, dass Jeff so weit weg ist, denn in England machte er Probleme, und der Millionär musste etliche Male seinen ganzen Einfluss geltend machen, um seinen Sohn vor dem Gefängnis zu bewahren. Viele beneiden Jeff, aber er kann sich hier seines Geldes wirklich nicht erfreuen. Immer wieder hat er neue Freundinnen - und alle haben nur im Sinn, seinen Reichtum gerecht unter ihrer Familie zu verteilen.
Wer ein gut gehendes Business betreibt, kann ebenfalls Ärger bekommen. Denn Neid und Missgunst sind unter den Thais weit verbreitet.
Jeden Montag findet ein großer Markt in unserem Dorf statt. Den besuchen alle Expats aus der näheren und weiteren Umgebung. Während ihre Thai-Frauen einkaufen, …



Die geschäftstüchtige Ying (Auszüge)

Ying, ein cleveres Mädchen aus dem Nordosten Thailands, entwickelt sich zu einer wohlhabenden Geschäftsfrau.

Ich heiße Ying und komme aus dem Isan. Wie viele andere Thais auch, liebe ich das Geld. Wenn jemand sagt, er habe genug Geld, um davon leben zu können, ist das keine gute Einstellung. Man kann nie genug haben. Wenn man es nicht für sich selbst braucht, kann man andere damit beeindrucken oder etwas Gutes tun.
Viele meinen, wenn man aus dem Isan kommt, ist man eine dumme Reisbäuerin. Aber ich bin in Korat aufgewachsen, das ist eine der größten Städte des Nordostens. Meine Eltern waren chinesischer Abstammung und hatten ein Eisenwarengeschäft. In meiner Freizeit habe ich oft beim Verkaufen geholfen. In unserem Laden konnte man Nägel und Schrauben stückweise kaufen. Weil ich schon immer sehr schlau war - weit schlauer als meine Brüder - ließen mich meine Eltern studieren. Ich studierte Business Management, und meine Eltern erhofften, dass ich später einmal aus ihrem Laden einen großen Baumarkt mit vielen Zweigstellen machen würde. Allerdings musste ich mir das Studium selbst finanzieren. Nur essen und schlafen konnte ich kostenlos zuhause, was ich im ersten Studienjahr auch tat. Gleich in meinem ersten Semester verliebte ich mich in Wan. Er war wirklich ein süßer Kerl und studierte Musik für den Lehrberuf. Wir trafen uns nur zweimal die Woche, und er gab mir jedes Mal ein bisschen Geld dafür. Das war bei uns so üblich, dass das Mädchen von ihrem Boyfriend für ein intimes Rendezvous bezahlt wird. Ich tat alles, was er wollte, es war einfach himmlisch mit ihm. Damals war ich noch sehr unerfahren, und ich vertraute darauf, dass Wan wusste, was er tat. Doch dann wurde ich schwanger. Sollte ich das Studium an den Nagel hängen und Wan heiraten? Doch Wan wollte weder heiraten noch ein Kind. Er kam aus einer reichen Kaufmannsfamilie, hatte Geld und wusste, wo man einen Fötus wegmachen lassen konnte. Ich war zwar traurig, stimmte aber zu. Kinder konnte ich später noch genügend bekommen, dachte ich. Dem war aber nicht so. Irgendetwas ging bei der Abtreibung schief, und sie sagten mir, dass ich keine Kinder mehr bekommen könnte.
In meinem zweiten Studienjahr lernte ich einen alten Amerikaner kennen. Ich glaube, er war seit dem Vietnamkrieg hier. Aber darüber hat er nie gesprochen. Jimmy war schon sehr alt, aber er hat an mir einen Narren gefressen, weil ich so hübsch und klug war. Damals wurde ich mir des Wertes meines Körpers bewusst. Mein Körper war mein Kapital. Ich pflegte meinen Körper und steckte viel Geld rein, um den Wert meines Kapitals zu erhöhen. Von meinen Bekannten wusste ich: Je älter man wird, desto mehr Geld muss man in seinen Körper investieren. Irgendwann reichen keine Schönheitssalons und Spritzen mehr, da muss man auch Operationen über sich ergehen lassen. Um den Wert möglichst lange zu erhalten!
Jimmy war ein richtiger Sugar Daddy. Mein Gönner kam für alle meine Unkosten auf und war nicht geizig. Das Einzige, was ich dafür tun musste, war, bei ihm zu schlafen, wann immer er das Bedürfnis danach hatte. Da ihn seine Manneskraft schon ziemlich verlassen hatte, und er sich vor Viagra panisch fürchtete, wollte er nur ganz selten Sex. Mich, ein hübsches Mädchen, neben sich zu spüren und mich zu betatschen, hat ihn schon glücklich gemacht. Manchmal hat er mir leidgetan, dann war ich besonders nett zu ihm. Und wenn ich besonders nett war, war er besonders großzügig. So habe ich schon früh gelernt, dass, wenn man etwas gibt, man auch etwas dafür bekommt. Ich gebe meinen Körper und bekomme Geld, er gibt sein Geld und bekommt meinen Körper. So ist jeder zufrieden.
Mit ihm lernte ich …

… Einmal war mein Sugar Daddy krank und musste ins Krankenhaus, zehn Tage lang. Er wurde am Herzen operiert. Selbstverständlich ließ ich meine Vorlesungen sausen und ging mit ihm. Er hatte sonst niemanden, der sich um ihn kümmerte. In Thailand müssen immer die Angehörigen für den Kranken im Krankenhaus sorgen. Für mich war das selbstverständlich. Wenn jemand in Not ist, helfe ich. So haben mich meine Eltern erzogen. Er hatte ein Zimmer mit zwei Betten, in einem schlief ich, im anderen er. Etwas langweilig war es, aber ich konnte fernsehen und meine Musik hören. Als er wieder gesund war, wollte er mir Geld geben für meine Hilfe. Das war für mich eine Beleidigung. Aber Farangs wissen nicht, dass man Hilfe nicht bezahlen darf. Jimmy sagte, das hätte keine amerikanische Freundin getan, nicht einmal eine Ehefrau. Was müssen das für Frauen sein, die Amerikanerinnen! Haben die gar keine Moral? Einem Menschen, der Hilfe braucht, nicht zu helfen …

… In meinem Studium lernte ich einiges über Kosten-Nutzen-Kalkulation, und ich war stolz und glücklich, dass ich schon in jungen Jahren die Theorie so clever in die Praxis umsetzen konnte.
Doch ich lernte auch, dass es auf dem freien Markt um Angebot und Nachfrage geht. Und da kamen mir andere Geschäftsideen in den Sinn. Richtig Geld verdienen kann man als Thai nur im Ausland - am besten mit einem eigenen Geschäft im Ausland. Und wie komme ich als Thailänderin am einfachsten ins Ausland? Ich brauche einen …


Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des HELLER VERLAGs! ...